Vorlesung von Prof. Dr. Mojib Latif, GEOMAR Institut, Kiel

Offene Akademie Gelsenkirchen, Samstag, 26.9.2015,  14:00 Uhr

Wir Menschen belasten die Ozeane zusehends. Ein prominentes Beispiel ist die Überfischung. Mit unseren modernen Fangmethoden haben wir die globalen Fischbestände in einer Größenordnung dezimiert, womit vor wenigen Jahrzehnten noch niemand gerechnet hätte. Mindestens ein Drittel der weltweiten Fischbestände ist überfischt oder schon zusammengebrochen. Neunzig Prozent der Bestände gelten als gefährdet. Nicht weniger als die Nahrungsquelle Meer steht auf dem Spiel, wenn wir diesen Trend nicht schleunigst umkehren.

Hinzu kommen weitere Stressfaktoren: Die Vergiftung der Ozeane; sei es durch Öl, Radioaktivität oder andere Gifte. Der zunehmende Lärm in den Meeren, eine Gefahr u.a. für Wale. Die Ozeane leiden unter den Auswirkungen der Erderwärmung. Tropische Korallen besitzen keine große Temperaturtoleranz, es drohen die gefürchtete Korallenbleiche und damit der Zusammenbruch der einzigartigen Meeresökosysteme. Man bezeichnet diese mit gutem Grund als die „Regenwälder“ der Ozeane. Sie sind die Kinderstube vieler Arten und damit ein Hort der Biodiversität. Die Meere spüren das Kohlendioxid (CO2), den Hauptverursacher der Erderwärmung – ein Gas, das in die Luft entweicht, wenn wir Kohle, Öl oder Gas verbrennen. Etwa ein Viertel des CO2 verschwindet in den Ozeanen. Die Folge: Die Meere versauern. Kieselalgen, Muscheln, Meeresschnecken, Kleinkrebse wie Krill, Seeigel wie auch Korallen leiden darunter, u.a. weil ihnen allmählich die kalkhaltigen Baustoffe abhandenkommen. Bei weiter steigendem CO2-Ausstoß droht sogar die Auflösung des Kalks. Das wäre der Super Gau für die Ozeane und für die Menschen, denn viele „Kalzifizierer“ stehen am Anfang der Nahrungskette.

Eine recht neue Gefahr für die Ozeane ist der Plastikmüll. Jedes Jahr gelangen schätzungsweise bis zu 12 Millionen Tonnen ins Meer. Plastik kann sehr lange Zeit im Meer verweilen. Sixpack-Ringe werden erst nach einigen Jahrhunderten komplett abgebaut. Deswegen nimmt die Müllmenge in den Ozeanen beständig zu. Schon heute stellt Plastik eine Bedrohung für das Leben im Meer dar. Ein unfassbares Beispiel: Im Frühjahr 2012 verendete ein Pottwal im Mittelmeer an der Küste Andalusiens. Meereswissenschaftler fanden im Magen des Pottwals fast 18 Kilogramm Plastik.

Auch Kleinkrebse, Fischlarven und andere Organismen sehen mikroskopisch kleine Plastikteilchen als Futter an. Man hat Plastikrückstände bereits im Gewebe von Miesmuscheln und Fischen nachweisen können. Außerdem lagern sich im Meer zahlreiche Gifte an die Plastikteile. Im Magen der Meerestiere lösen sich die Gifte wieder und reichern sich in deren Körpern an. Und die belasteten Tiere landen irgendwann auf unserem Tisch. Damit schließt sich der Kreis: Der Schuldige wird selbst zum Opfer.

Prof. Dr. Mojib Latif ist Leiter des Forschungsbereiches: Ozeanzirkulation und Klimadynamik am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel


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