Presseerklärung der Sprecher des wissenschaftlichen Beirats der Offenen Akademie        13.11.2018

Breite Protestwelle gegen Zensur an der TU Hamburg-Harburg

Eine Initiative von Studierenden und Wissenschaftlern „Hamburger Gesprächskreises Dialektik & Materialismus“ plant für den  17.11. an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg eine Veranstaltung  zum Thema „Selbstorganisation der Materie – Zur Rolle der dialektisch-materialistischen Methode und Weltanschauung in der Herausbildung einer Entwicklungstheorie der Materie “ mit dem Referenten Christian Jooß, Professor für Physik an der Universität Göttingen und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Offenen Akademie. Als an der TU Hamburg Harburg (TUHH) um Genehmigung für ein Plakat zur Ankündigung dieser Veranstaltung ersucht wurde, wurde dies verweigert. Diese Verweigerung wird bis heute aufrechterhalten.

Dagegen entwickelt sich eine breite Protestwelle, die auf der Homepage der Offenen Akademie https://www.offene-akademie.org/ dokumentiert wird.

Zuerst wurde von der Hochschuleitung der TUHH das Thema der Veranstaltung sogar mit Terrorismus in Verbindung gebracht, wobei hier inzwischen zurückgerudert wird. Aber am Verbot der Werbung wird durch den Präsidenten der TUHH Hamburg festgehalten, weil die „Marx-Engels-Gesellschaft“ im Umfeld der Veranstalter identifiziert wurde. Dies ist ein Angriff gegen die Möglichkeit, an Universitäten auch Veranstaltungen durchzuführen, die Kritik und alternative Ideen zum gegenwärtigen Mainstream und der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung beinhalten. Kurz: Eine Zensur.

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat nun einen Antrag auf einstweilige Verfügung der Veranstalter, repräsentiert durch Dr. Ulrich Fritsche, zurückgewiesen und das Verbot des Aufhängens von Werbeplakaten bestätigt. Es beruft sich wie auch die TUHH Leitung auf die „politische Neutralität“ an Hochschulen. Dabei wird vom Gericht  noch recherchiert, dass die auf der Veranstaltung thematisierten erkenntnistheoretischen Fragen der Dialektik und des Materialismus möglicherweise auch gesellschaftskritische politische Aspekte haben könnten. Als wenn es heute nicht unbedingt notwendig wäre, dass sich Wissenschaftler auch kritisch mit den gesellschaftlichen Verhältnissen und dem Inhalt und Anwendung von Naturwissenschaft in der Gesellschaft befassen.

Was die TU unter „politischer Neutralität“ versteht findet man auf der Homepage der TUHH: Da wird zum Beispiel im Rahmen eines dualen Studiengangs mit Thyssen Krupp Werbung für militärische Produkte für U-Boote und Kriegsschiffe – auf der Homepage der TUHH eingeblendet: https://dual.tuhh.de/thyssenkrupp-marine-systems-gmbh.

In der Liste der Unternehmen, die ein duales Studium an der TUHH anbieten findet sich auch Northrop Grumman Sperry Marine B.V. in den Studiengängen „Allgemeine Ingenieurwissenschaften, Elektrotechnik, Informatik-Ingenieurwesen, Mechatronik“. Northrop Grumman ist einer der größten Konzerne im US-amerikanischen militärisch-industriellen Komplex. Über diese hat Bob Dylan das Lied Masters of war“ geschrieben: Diejenigen, die im Hochhaus am Schreibtisch sitzen, während viele im Krieg für Ihren Profit verbluten.

Während die Hochschulleitung der TUHH kein Problem mit einer solchen politischen, wissenschaftlichen und militärischen Verflechtung ihrer Hochschule mit Profiteuren und Treibern aktueller Kriege hat, wird eine kritische wissenschaftliche Veranstaltung mit Werbeverbot zensiert. Damit wird deutlich, dass das Argument der „politischen Neutralität von Hochschulen“ allein dazu dient, missliebige Themen und fortschrittlich-kritische Wissenschaft bzw. Politik aus Hochschulen herauszuhalten und zugleich führenden Unternehmen, Politikinteressen und ihrer Weltanschauung eine Monopolstellung zu garantieren.

Das zurückzuweisen ist von grundsätzlicher Bedeutung für die ganze Richtung des wissenschaftlichen und politischen Diskurses an Hochschulen. Der Vorgang unterstreicht: Wir dürfen diese geistige und weltanschauliche Knebelung an Hochschulen nicht akzeptieren und beanspruchen das Recht auf freie politische Betätigung auf antifaschistischer Grundlage an den Hochschulen. Wir bitten Sie daher, protestieren Sie mit uns und jetzt erst recht gegen das Werbeverbot an der TUHH. Briefe und Protestnoten bitte zur Kenntnis und Dokumentation an: info@offene-akademie.org


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